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Our Darkness. Gruftis und Waver in der DDR. Von Sascha Lange, in Zusammenarbeit mit Dennis Burmeister

Am 17. Mai war die Lesung „Our Darkness. Gruftis und Waver in der DDR.“ von und mit Sascha Lange im Club „Das Rind“ in Rüsselsheim. Erwartungsgemäß waren nur wenig Leute gekommen, das Thema DDR beschäftigt in Rüsselsheim die wenigsten. Deshalb war der Abend fast wie ein Familientreffen. Zu den gelesenen Auszügen zeigte der Autor viele Bilder und machte die DDR der späten 1980er Jahre lebendig und bunt – trotz der vielen grauen Fotos mit traurig schauenden, schwarz gekleideten Jugendlichen. Nun weiß ich endlich auch, warum 1987 auf einmal so viele Gruftis in Leipzig auftauchten: Die Bravo, mit Berichten über die einschlägigen Gruppen und ihren Fans, wurde offensichtlich in großen Mengen in die DDR geschmuggelt und zirkulierte unter vielen Jugendlichen. Obwohl ich in die gleiche Schule wie Sacha Lange ging, bekam ich davon nichts mit. Klar, ich bin 6 Jahre älter. Die Bravo wäre für meinen Geschmack nichts mehr gewesen. Meistens wusste ich nicht wie die Musiker aussahen deren Songs ich hörte. Wenn ich nicht gerade im Fernsehen zufällig was sah, oder auf einem LP-Cover ein Bild war, blieb mir das Aussehen der Bands verborgen. Mode hat mich allerdings auch weniger interessiert. Kleidung und Frisur waren eine Zeitlang ein einfaches Mittel die Einstellung zum Umfeld ohne viele Worte klar zu machen. Mein Eindruck ist, dieser Effekt ging Ende der 1980er Jahre langsam verloren.
Der farblose und unterkühlte Stil der „Wave-“ und „Gruftiszene“, war besonders in den größeren Städten der DDR verbreitet. Auf dem Land und in den „Provinzen“ schien es mir meistens lustiger zu sein. Kam da die Bravo nicht hin? Genau genommen war in der DDR überall Provinz. Nur gelegentlich, zum Beispiel bei manchen Konzerten, hatte ich nicht das Gefühl der Abgeschiedenheit. Von „eingesperrt“ würde ich nicht sprechen.
Bei all den heute zugänglichen Berichten über die Subkultur in der DDR könnte man meinen, dass wir uns alle in dieser Diktatur individuell und frei entfalten konnten. So war es aber nicht.
War das für uns eine glückliche Zeit? Wenn ja, trotz, oder wegen der DDR? Im Rückblick scheint vieles schöner. Erinnerungen können täuschen. Gerade an die Kindheit und Jugend denken viele mit Freude zurück. Das sagt noch nicht viel über den Alltag aus. Für mich sind die Menschen, und das System der Unterdrückung in der DDR, zwei verschiedene Dinge. Das Lebensgefühl ist nicht nur vom Land und der Zeit abhängig. Auf viele Erlebnisse meiner Jugend in der DDR hätte ich gerne verzichtet. Ich glaube meine Generation Ost, verglichen mit der im Westen, ist sich in vielem ähnlich, hat viele ähnliche Erfahrungen gemacht. Es tut gut, die Gemeinsamkeit zu sehen.
Das Buch werde ich noch lesen, es wird meine eigenen Erinnerungen wieder auffrischen.

Sacha Lange, 2022
Jörg Stein, 1986 (Foto: Charlie Köckritz)

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